Weltweites Netzwerk von Neutronenmonitor Stationen: Grundlagenforschung und Anwendungen
Neutronenmonitore sind Standarddetektoren, welche an verschiedenen Orten auf dem Globus positioniert sind. Die Zählrate eines individuellen Neutronenmonitors ist ein Mass für den primären kosmischen Strahlungsfluss oberhalb einer ortsabhängigen Grenzenergie beziehungsweise magnetischen Grenzsteifigkeit. Die kosmische Strahlung, welche durch einen bestimmten Neutronenmonitor gemessen wird, stammt aus einem beschränkten Raumwinkel ausserhalb des Erdmagnetfeldes. Da diese Parameter (Grenzsteifigkeit, Einfallsrichtung) vom Standort der Neutronenmonitorstation abhängig sind, ermöglichen die Messdaten eines Neutronenmonitornetzwerkes physikalische Aussagen über z.B. das Energiespektrum und die Ausbreitungseigenschaften der primären kosmischen Strahlungsteilchen im interplanetaren Raum. Zudem geben Neutronenmonitormessungen die Möglichkeit Aussagen über das Weltraumwetter zu machen (z.B. Warnung vor aussergewöhnlichen, gefährlichen Weltraumwetterbedingungen). Für den Aufbau eines solchen Alarmsystems ist die Zusammenfassung der Messungen des weltweiten Netzwerkes von Neutronenmonitoren in einer Echtzeit-Datenbank wie NMDB essentiell.
Weshalb brauchen wir ein Netzwerk von Neutronenmonitoren ?
Neutronenmonitore sind Standarddetektoren, welche an verschiedenen Orten auf dem Globus positioniert sind. Die, verglichen mit Detektoren auf Raumsonden, hohe Zählrate ist der grosse Vorteil der Neutronenmonitore gegenüber Detektoren auf Raumsonden. Die hohe Zählrate und die damit kleinen statistischen Fehler erlauben es, kleine und kurzzeitige Änderungen in der Intensität der kosmischen Strahlung zu beobachten, welche mit Detektoren auf Raumfahrzeugen nicht erkannt werden können. Auf der andern Seite können Neutronenmonitore, entgegen Detektoren auf Raumsonden, durch sehr intensive energetische solare Teilchenstürme nicht gesättigt werden. Ein weiterer Vorteil der Neutronenmonitore ist die zuverlässige Langzeitstabilität.
Das Erdmagnetfeld führt zu zwei Effekten in den Zählraten der Neutronenmonitore, welche von der Position der Neutronenmonitorstationen abhängig sind (siehe die Diskussion unter Kosmische Strahlung und die Erde):
- eine untere Grenzsteifigkiet (oder Grenzenergie), unterhalb derjenigen primäre kosmische Strahlungsteilchen nicht in die Atmosphäre über dem Neutronenmonitor eindringen können,
- ein begrenzter Kegel von Blickrichtungen, in den die primäre kosmische Strahlung in die Magnetosphäre eindringen müssen, damit ein in der Atmosphäre erzeugtes sekundäres Teilchen einen bestimmten Neutronenmonitor erreichen kann (weitere Informationen (in englisch) können hier abgerufen werden).
Aufgrund dieser Eigenschaften sind Neutronenmonitorstationen an unterschiedlichen geographischen Standorten Voraussetzung, um Eigenschaften des kosmischen Strahlungsflusses, wie Einfallsrichtung in das Erdmagnetfeld und Energie- bzw. das Steifigkeitsspektrum, zu bestimmen. Das weltweite Netzwerk standardisierter Neutronenmonitore zusammen mit dem Erdmagnetfeld und der Erdatmosphäre kann deshalb als ein einzigartiges Instrument betrachtet werden, mit dem die Einfallsrichtung in das Erdmagnetfeld sowie das Energiespektrum der primären kosmischen Strahlung in Erdnähe bestimmt werden kann. Die Verwendung aller Neutronenmonitorstationen als einen einzigen multidirektionalen Detektor sorgt für eine wesentlich grössere statistische Genauigkeit (< 0.1% für Stundenwerte) als diejenige eines einzelnen Neutronenmonitors. Die oben abgebildete Karte zeigt die Standorte der Neutronenmonitorstationen.
Neutronenmonitornetzwerk: Forschung
Im Folgenden erläutern wir einige Forschungsergebnisse, welche aus Messungen mit Neutronenmonitoren des weltweiten Netzwerkes gewonnen wurden.
Langzeituntersuchungen der kosmischen Strahlungsvariationen
Langzeit Variationen der kosmischen Strahlung für Teilchen mit einer Steifigkeit von 10 GV abgeleitet aus Messungen mit dem Neutronenmonitor Netzwerk für das Zeitintervall 1957 bis 2007.
Langzeitstudien von Neutronenmonitormessungen haben gezeigt, dass die Zählrate von jeder Neutronenmonitorstation während des Sonnenaktivitätszyklusses variiert (Solare Modulation der galaktischen kosmischen Strahlung). Um den Grund dieses Phänomens zu untersuchen, wird die Intensität der kosmischen Strahlung als Funktion der Teilchenenergie oder der Teilchensteifigkeit benötigt. Da jeder Neutronenmonitor auf primäre kosmische Strahlung oberhalb einer minimalen Grenzsteifigkeit (oder Grenzenergie) empfindlich ist, welche vom Standort auf der Erde (insbesondere von der geomagnetischen Breite) abhängig ist, können die Messungen von Stationen auf verschiedenen Breiten (von polaren bis äquatorialen Regionen) dazu verwendet werden, das Steifigkeitsspektrum der primären kosmischen Strahlung zu bestimmen. Die obige Figur zeigt die Intensität der galaktischen kosmischen Strahlung bei einer Steifigkeit von 10 GV (rote Kurve) (entspricht einer kinetischen Energie von 9 GeV für Protonen) sowie die beobachtete Sonnefleckezahl (grüne Kurve). Die Zahl und Größe der Sonnenflecken ist ein Mass für die Sonnenaktivität. Wie aus der Figur ersichtlich, unterliegt die Häufigkeit der Sonnenflecken einer Periodizität von durchschnittlich 11 Jahren. Bei hoher Sonnenaktivität wird die in die Heliosphäre einfallende galaktische kosmische Strahlung stärker abgeschirmt und entsprechend ist die gemessene kosmische Strahlungsintensität in Erdnähe geringer.
Charakteristiken der solaren kosmischen Strahlung
Die Messungen von Neutronenmonitorstationen in hohen Breiten sind wichtig, um die Anisotropie des solaren kosmischen Strahlungsflusses zu untersuchen. Wenn die Neutronenmonitore alle auf vergleichbaren geomagnetischen Breiten liegen, dann sind ebenfalls die Grenzsteifigkeiten ähnlich, und eventuelle Differenzen in ihren Zählraten müssen unterschiedlichen Einfallsrichtungen der primären Teilchen zugeschrieben werden. Dies wird mit den Messungen von zwei Neutronenmonitoren mit praktisch identischen Grenzsteifigkeiten während dem solaren kosmischen Strahlungsereignis vom 20. Januar 2005 illustriert. Der anfängliche Zählratenanstieg in den Daten der Neutronenmonitorstation Terre Adélie ist viel stärker als bei der Station Kerguelen Island, da während diesem Ereignis die ersten solaren kosmischen Strahlungsteilchen die Erde aus südlicher Richtung erreichten. Grund dafür war eine ungewöhnliche Ausrichtung des interplanetaren Magnetfeldes, welches in Erdnähe eine starke Komponente senkrecht zur Ekliptik aufwies. Weiterführende Informationen über die “Blickrichtung” von Neutronenmonitore können hier in englischer Sprache abgerufen werden.
Weltweites Netzwerk von Neutronenmonitoren und Weltraumwetterwarnungen
Ein weltumspannendes Netzwerk von Neutronenmonitorstationen ist wichtig, um ein Maximum an wissenschaftlicher Information aus den Messungen zu erhalten. Das Netzwerk von Neutronenmonitorstationen ist ebenfalls von zentraler Bedeutung für Warnsysteme bezüglich Weltraumwetter, sei es im Zusammenhang mit solaren energetischen Teilchen oder einem sich in Richtung der Erde fortbewegenden koronalen Massenauswurf (engl. Coronal Mass Ejection, CME).
Warnung vor solaren energetischen Teilchen
Erhöhte Flüsse energetischer Teilchen von der Sonne, sogenannte SEP Ereignisse (engl. für Solar Energetic Particles), können ein bedeutende Beeinträchtigung von Raumfahrtequipment und andern technischen Einrichtungen verursachen (z.B. Funkkommunikation in polaren Regionen, bemannte Raumflüge; mehr Informationen hier). Mit zunehmender Abhängigkeit von technologischen Systemem im Weltraum wird es wichtig, Hilfsmittel zu entwickeln, welche in der Lage sind, solche solare Ereignisse vorauszusagen. Solare kosmische Strahlungsprotonen und selten Neutronen sind neben hochenergetischen Elektronen die schnellsten Teilchen, welche die Erde während einem solaren Ereignis als Erste erreichen. Diese energetischen Teilchen sind nicht sehr zahlreich und stellen deshalb an sich keine grosse Gefahr dar. Jedoch kann die Beobachtung solcher Teilchen verwendet werden, um vor der möglichen Ankunft des Hauptteils an Protonen und Ionen in grosser Anzahl mit geringeren Energien zu warnen. Da während sehr grossen SEP Ereignissen auf der Sonne ebenfalls kosmische Strahlung erzeugt wird, kann das weltweite Neutronenmonitornetzwerk dazu gebraucht werden, ein Warnsystem vor SEP Ereignissen zu entwickeln. An ein solches Alarmsystem werden zwei wesentliche Ansprüche gestellt: eine zuverlässige Voraussage von SEP Ereignissen und die Vermeidung von falschen Alarmen.
Die zentrale Bedeutung von Neutronenmonitordaten in Echtzeit für diese Aufgabe ist einer der Gründe, welche das Projekt NMDB rechtfertigen. Innerhalb des Projekts wurden zwei Warnsysteme für solare kosmische Strahlungsereignisse entwickelt. Die Systeme benötigen mindestens die Daten von drei Neutronenmonitorstationen in hohen geographischen Breiten
- weil diese Neutronenmonitore aufgrund ihres geringen geomagnetischen Grenzsteifigkeit am empfindlichsten auf solare kosmische Strahlung sind
- sowie die Satellitenmessung eines Detektors im Bereich der weichen Röntgenstrahlung, um das Vorhandensein eines solaren Flares zu überprüfen. Wenn bei einem bestimmten Neutronenmonitor die Zählrate den gleitenden mittleren Wert um einen bestimmten Wert während einiger aufeinanderfolgenden 1-Minutenwerten übersteigt, so wird ein ‘Stationenalarm’ gesetzt. Wenn mindestens drei Neutronenmonitorstationen gleichzeitig einen Stationenalarm aufweisen und wenn aufgrund der Messungen von mindestens einem Röntgenstrahlungskanal darauf schliessen lässt, dass ein solarer Flare stattfindet, so kann angenommen werden, dass ein Ground Level Enhancement (GLE) im Gange ist, und es wird ein entsprechender Alarm ausgelöst.
Kosmische Strahlungsmessungen als Frühwarnsystem für koronale Massenauswürfe, welche das System Erde beeinflussen
Es sind aber nicht nur die energetischen Teilchen, welche das Weltraumwetter wesentlich beeinflussen. Koronale Massenauswürfe (engl. Coronal Mass Ejections (CMEs)), welche sich durch den interplanetaren Raum ausbreiten und bei einer Kollision mit dem Erdmagnetfeld einen geomagnetischen Sturm verursachen können, spielen ebenfalls eine zentrale Rolle im Zusammenhang mit dem Weltraumwetter. Die Störung des Erdmagnetfeldes erzeugt elektrische Ströme, welche sich ins besondere in polaren Regionen störend auf technische Installationen auf der Erde wie auch auf Raumsonden auswirken können. Neutronenmonitormessungen können für Frühwarnungen von solchen auf die Erde zukommenden CMEs verwendet werden, weil diese Störungen im interplanetaren Raum die Ausbreitung der galaktischen kosmischen Strahlung in der Heliosphäre verändern.
Wenn sich ein schneller koronaler Massenauswurf durch den interplanetaren Raum (engl. Interplanetary Coronal Mass Ejection (ICME)) ausbreitet und dabei eine Schockwelle antreibt, so wird die Ausbreitung der galaktischen kosmischen Strahlung im interplanetaren Raum beeinträchtigt und damit auch die Einfallsrichtung der kosmischen Strahlungsteilchen auf die Erde (weitere Informationen sind hier erhältlich). Da eine Schockwelle in der Lage sein kann geladene Teilchen zu reflektieren, ist die Intensität der kosmischen Strahlung hinter dem Schock reduziert. Weil die Ausbreitungsgeschwindigkeit der kosmischen Strahlung viel grösser ist als diejenige des interplanetaren koronalen Massenauswurfs (ICME), können Intensitätsmessungen der kosmischen Strahlung auf der Erde verwendet werden, um auf die Erde zukommende gestörte Regionen mit einem beträchtlichen zeitlichen Vorsprung vor deren Ankommen bei der Erde vorauszusagen. Vorboten von ICMEs können tatsächlich in den Neutronenmonitordaten gesehen werden, bevor starke magnetische Stürme und grosse Forbush Abfälle beobachtet werden. Ausführliche Untersuchungen dieser Effekte haben gezeigt, dass die Zeichen dieser Vorläufer entweder einen Abfall oder einen Anstieg in der Zählrate der Neutronenmonitore verursachen.
Vorauslaufende Abfälle resultieren offensichtlich, wenn eine Neutronenmonitorstation mit der kosmischen Strahlungsintensität abgereicherten Region magnetisch flussabwärts verbunden ist, d.h. hinter dem Schock. Aber aus dem gleichen Grund
- Reflexion am Schock - wird ein erhöhter kosmischer Strahlungsfluss vor dem Schock (in Region stromaufwärts) erwartet. Wenn die Erde mit dieser Region verbunden ist, so werden Neutronenmonitore eine erhöhte kosmische Strahlungsintensität vor der Ankunft des ICME Schocks beobachten. Der Schockeffekt ist am markantesten über die Distanz einer Kreisbahn eines kosmischen Strahlungsteilchens im Magnetfeld (Larmorradius) vor dem Schock. Für Protonen mit einer Steifigkeit von 10 GV ist der Larmorradius im ruhigen mittleren interplanetaren Magnetfeld vor der Ankunft des Schocks (etwa 5 nT) etwa 0.04 AE (1 astronomische Einheit = mittlere Entfernung Sonne-Erde). Ein Schock mit einer Geschwindigkeit von 500 km/s benötigt etwa 4 Stunden, um diese Distanz zurückzulegen. Dadurch ist es meistens möglich, einen Schock einige Stunden vor der Ankunft bei der Erde vorauszusagen. Das Neutronenmonitornetzwerk kann diese Vorboten erkennen und deshalb frühzeitig eine Warnung des bevorstehenden geomagnetischen Sturms geben.
Als Beispiel zeigt die obenstehende Figur die Variationen der kosmischen Strahlungsintensität als Funktion der asymptotischen Länge der Einfallsrichtung (vertikale Achse) und der Zeit (Tage im September 1992, horizontale Achse). Rote Kreise bedeuten einen Abfall in der kosmischen Strahlungsintensität und gelbe Kreise einen Anstieg. Die Grösse des Kreises ist proportional zur Amplitude der kosmischen Strahlungsvariation. Die vertikale Linie gibt die Zeit der Schockankunft bei der Erde am 9. September 1992, um 0139 WZ (WZ=Weltzeit). Nach diesem Zeitpunkt zeigen alle Neutronenmonitorstationen einen Abfall in der Zählrate, wie aufgrund der ausschliesslich roten Kreisen zu sehen ist. Das Bild zeigt auch deutlich, daß die Intensität der kosmischen Strahlung innerhalb eines kleinen Längenbereichs von 135°-180° (entspricht der Richtung des interplanetaren Magnetfeldes) bereits vor der Ankunft des Schockes signifikant abnimmt. Diese Besonderheit war am 7. September 1992 um etwa 23:00 WZ extrem ausgeprägt, d.h. 24 Stunden bevor der Schock die Erde erreichte! Der Abfall der kosmischen Strahlungsintensität signalisierte, daß zu diesem Zeitpunkt die interplanetaren Magnetfeldlinien durch die Erde mit einer Region verbunden waren, welche die Ankunft der galaktischen kosmischen Strahlung hinderten (Region hinter dem Schock des sich in Richtung Erde bewegenden ICME). Die Echtzeitbeobachtung der kosmischen Strahlung mit dem weltweiten Netzwerk von Neutronenmonitoren ermöglicht demzufolge vor einem möglichen Zusammentreffen eines ICMEs mit der Geomagnetosphäre einige Stunden im Voraus zu warnen.
Die Verwendung der kosmischen Strahlungsdetektoren für ein operatives Warnsystem ist ein Projekt für die Zukunft. Obige Figur wurde mit Hilfe der Daten von 45 Neutronenmonitorstationen erstellt. Mit dieser Anzahl an Stationen werden die Ankunftsrichtungen kontinuierlich in allen Längen abgedeckt. Jede der mit der Erde mitdrehenden Neutronenmonitorstation tastet während eines Tages einen vollständigen Längenkreis ab. Je mehr Stationen an unterschiedlichen Positionen gebraucht werden können, um so detaillierter sind die erhaltenen Informationen. Wenn nur eine einizige Neutronenmonitorstation zur Verfügung steht, so kann zu diesem Zeitpunkt nur ein sehr beschränkter Längenbereich beobachtet werden. Die europäischen und benachbarten Stationen werden nicht genügen, um ein ganzheitliches Bild zu erhalten, wie der Plot links demonstriert. Diese Graphik zeigt die Darstellung wie oben für den selben Zeitraum im September 1992, jedoch nur mit den Daten der eurpäischen Neutronenmonitorstationen (links) und den europäischen plus den russischen Stationen (rechts), d.h. Stationen nur aus einem beschränkten Längenbereich. Vorboten des sich nähernden ICMEs sind zwar immer noch beobachtbar, jedoch nur sporadisch, deshalb ist ein zuverlässiges Warnsystem nur aus europäischen und russischen Neutronenmonitorstationen ungenügend. Für ein operatives Warnsystem müssen deshalb möglichst alle Neutronenmonitorstationen des weltweiten Netzwerkes zusammengeschlossen werden.
Geschichte des weltweiten Neutronenmonitornetzwerkes
Die Entwicklung des Neutronenmonitornetzwerkes begann mit J.A. Simpson, der den ersten Neutronenmonitor für die Registrierung der sekundären Neutronen in der Atmosphäre im Jahr 1948 erfand. An vielen Stationen des heutigen weltweiten Netzwerkes begannen die kontinuierlichen Messungen mit dem Simpson Neutronenmonitor im Juli 1957, dem offiziellen Start des Internationalen Geophysikalischen Jahres (engl. International Geophysical Year, IGY).
Die Anfangsjahre: Internationales Geophysikalisches Jahr und der IGY Neutronenmonitor
1957 - 1958 wurde die Forschung mit Neutronenmonitoren durch den Plan des IGY geführt und gleich anschliessend im Jahre 1959 durch das IGC Programm (engl. International Geophysical Collaboration) als eine Verlängerung des internationalen geophysikalischen Jahres. Am 25. September 1957 wurde das Datencenter “World Data Center, WDC-B2” in IZMIRAN, Moskau (NIZMIR) gegründet. In diesem Datencenter wurden alle Messdaten des weltweiten Neutronenmonitornetzwerkes gesammelt und standen danach den Wissenschaftlern für Forschungsarbeiten zur Verfügung. Gleichzeitig wurden auch die Datencenter in den USA (WDC-A) und in Japan (WDC-C) gegründet. Der gegenseitige Datenaustausch etablierte das Verständnis und förderte die weltweiten Kontakte unter den Forschern.
Die Erneuerung des Netzwerkes: der NM64 Neutronenmonitor
In den 1960-er Jahren wurden die internationalen Forschungsaktivitäten in der Untersuchung der kosmischen Strahlung weiter ausgebaut, ins besondere innerhalb des Programms “International Year of the Quiescent Sun”. Im Jahre 1964 wurde durch Hatton und Carmichael ein neuer Neutronenmonitortyp entwickelt: der NM64 Neutronenmonitor oder Supermonitor. Dieser neue Typ ist mit grösseren Zählrohren bestückt, um eine bessere statistische Genauigkeit zu erreichen. Alte Stationen wurden vielfach mit dem NM64 Neutronenmonitor neu ausgerüstet, und es wurden neue Stationen mit dem Supermonitor in Betrieb genommen. Die historische Entwicklung der Stationen mit IGY und NM64 Neutronenmonitoren und die Entwicklung der Totalzählrate sämtlicher Neutronenmonitore ist in nebenstehender Abbildung gezeigt.
Auf dem Weg zur Datenbank in Echtzeit
Zum ersten Mal standen Neutronenmonitordaten der Station Moskau im Jahre 1997 in Echtzeit im Internet zur Verfügung. Dies war der Anfang einer neuen Ära: Datenerfassung, Aufarbeitung und Publikation der Daten in Echtzeit.
Heute besteht das weltweite Netzwerk aus etwa 50 funktionstüchtigen Neutronenmonitorstationen. Alle Neutronenmonitore sind in kontinuierlichem Betrieb und messen die Zählraten in 1- oder 5-Minutenintervallen. Die meisten Stationen (etwa 30) publizieren die Messdaten im Internet in Echtzeit. Im Januar 2008 begann die Entwicklung der Neutroenmonitor Datenbank (engl. Neutron Monitor Database, NMDB), einem e-Infrastructures FP7 Projekt der europäischen Kommission. Dieses Projekt konzentriert sich auf die Entwicklung einer Datenbank für Neutronenmonitordaten mit einer hohen zeitlichen Auflösung von möglichst vielen Neutronenmonitorstationen in Echtzeit. Das Hauptziel des Projekts ist die Entwicklung einer digitalen Datenbank mit kosmischen Strahlungsmessdaten, welche einem breiten Publikum von Nutzern über das Internet via einer Webschnittstelle zur Verfügung stehen soll.
Mögliche zukünftige Entwicklungen von NMDB könnten die Einbindung von Messungen mit anderen kosmischen Strahlungsdetektoren (z.B. Netzwerk von Müonenteleskopen) in die NMDB Datenbank beinhalten.